My personal Lockdown – Erfahrungsbericht vom Hometeaching
Gerade hatte das neue Schuljahr – Corona sei Dank – unter nicht ganz alltäglichen Vorzeichen begonnen, da standen schon wieder die hessischen Herbstferien vor der Tür. Nach zwei Wochen in familiärer Idylle (jedenfalls zumeist, abgesehen von den Launen einer dreieinhalbjährigen, nach zunehmender Autonomie strebenden, Tochter und den nächtlichen „Störungen“ durch einen vier Monate alten Säugling) freute ich mich schon zunehmend darauf, endlich wieder den häuslichen „Frieden“ zumindest stundenweise gegen den Aufenthalt in der Schule eintauschen zu können (ja, wirklich!). Am Freitag, dem letzten Ferientag, dann die böse Überraschung; an der Kita-Tür schallte es mir durch den obligatorischen Mundschutz entgegen: „Sie können Ihre Tochter wieder mit nach Hause nehmen, es gibt einen positiven Covid-Fall in der Gruppe – das Gesundheitsamt wird sich bei Ihnen melden.“ Stunden bangen Wartens schlossen sich an. Ein Szenario bei dem man persönlich von der Pandemie betroffen ist, aufgrund der dynamischen Entwicklung der Infektionslage im Herbst zumal als Vater zweier Kinder und der Tätigkeit als Lehrer irgendwie täglich erwartet, wurde Realität.
Am späten Nachmittag dann erreichte uns die sachlich nüchterne Email des Gesundheitsamtes. Zwei Wochen sei die Kita nun geschlossen, unsere Tochter müsse diese Zeitspanne in häuslicher Quarantäne verbringen. Wir Eltern seien ausdrücklich nicht von den Quarantäne-Maßnahmen betroffen, als Lehrer gelte für mich jedoch ein Besuchsverbot (der Gemeinschaftseinrichtung Schule zum Schutz ebendieser) für Haushaltsangehörige von Kontaktpersonen, die sich in häuslicher Quarantäne befinden.
Na, toll, zwei weitere Wochen 24/7 im Kreise meiner Lieben. Meine Freude kannte keine Grenzen. 😭
Nach Rücksprache mit der Schulleitung war klar, dass zumindest die Schülerinnen und Schüler möglichst wenig durch diese Entwicklung beeinträchtigt werden sollten. Aufgrund der im ersten Lockdown erprobten und über die Sommermonate verfeinerten Möglichkeiten, die unsere Lehr- und Lernplattform Microsoft-Teams bietet, war recht schnell klar, dass meine Unterrichtsstunden ganz regulär stattfinden sollten – nur eben von zuhause aus. Anders als beim Lockdown im Frühjahr unterrichtete ich damit die Schülerinnen und Schüler vom heimischen Arbeitsplatz, während diese als Gruppe geschlossen in der Schule vor ihren digitalen Arbeitsgeräten und eben nicht alleine zuhause saßen. Um das Fazit vorneweg zu nehmen – dies funktionierte insgesamt ausgesprochen gut. Aufgrund des just neu installierten Breitband-Internetanschlusses der Schule und der Maßgabe in diesem Schuljahr, dass jede Schülerin und jeder Schüler ein eigenes Tablet oder einen eigenen Laptop dabeihaben muss, mit dem über Microsoft-Teams kommuniziert werden kann, konnten wir gleich am Montag nach den Ferien mit dem „Hometeaching“ loslegen. Natürlich gab es Startschwierigkeiten und kleinere Probleme (so merkten wir recht schnell, dass es nicht funktioniert, dass eine Gruppe von Leuten in einem Raum mit jeweils eigenem Gerät und eingeschaltetem Mikrofon an einer Teams-Videokonferenz teilnimmt – Achtung Rückkopplung), aber insgesamt zeigten sich die Schülerinnen und Schüler verlässlich und motiviert, waren pünktlich zu Stundenbeginn in den angesetzten Videokonferenzen anwesend und reichten zumeist die Arbeitsaufträge fristgerecht ein.
Sogar meine beiden für die erste Woche nach den Ferien angesetzten Klausuren in der Oberstufe mussten nicht verschoben werden. Dank der lieben Kolleginnen und Kollegen, die die Aufsicht übernahmen und der abgehaltenen für die Schülerinnen und Schüler unverzichtbaren „letzten Stunde vor der Arbeit“, die dieses Mal eben als Videokonferenz realisiert wurde, gab es in diesen beiden Wochen kaum wirkliche „Reibungsverluste“.
Natürlich war ich froh (und das lag nicht an meiner häuslichen Situation 😃), dass ich nach den beiden Wochen wieder ganz analog vor und zu den Schülerinnen und Schülern sprechen konnte. Den wirklichen Kontakt, das reale Miteinander und die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht (wenn auch derzeit halb verdeckte Gesichter 😷) kann meiner Meinung nach kein Online-Unterricht der Welt ersetzen. Allerdings haben diese beiden Wochen gezeigt, dass wir als Schule sehr gut aufgestellt sind, wenn uns die Pandemie möglicherweise noch einmal vor ähnliche Herausforderungen, wie im Frühjahr dieses Jahres erlebt, stellen sollte.
PS: Nachwuchs konnte ich in dieser Woche auch rekrutieren. Meine Tochter, die gleich zu Beginn der Quarantäne ihren Kindertisch in mein Büro räumte und dort ihren „Arbeitsplatz“ einrichtete, fragte mich jeden Morgen nach dem Aufwachen, ob und wann denn heute die Schule beginne. Sie war entsetzt, als mir Schüler in der Videokonferenz beichteten, keine Hausaufgaben zu haben (O-Ton: „Papa, warum hat der denn keine Hausaufgaben gemacht?“ Gute Frage, eigentlich!) und nachdem sie bislang häufig mit dem Arztkoffer spielte und ihrer Mutter nacheifern wollte, steht ihr zukünftiger Berufswunsch nun endgültig fest 😉.
Tim Senftinger
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