Schule in Zeiten von Corona
Von Diana Baulig
Es bahnte sich an, aber der Tag, an dem die Schließung der Schulen verkündet wurde, kam dennoch plötzlich. Für uns unvorstellbar wurde der Schulbetrieb eingestellt – wie bei einem großflächigen Stromausfall von einem auf den nächsten Moment herrschte Dunkelheit. Dunkelheit in dem Sinne, dass wir, die wir uns täglich leidenschaftlich neuen Herausforderungen individueller menschlicher Gegebenheiten im Schulkontext stellen, auf einmal mit Maßnahmen und Einschränkungen, jedoch vor allem mit der Frage konfrontiert wurden: Was können wir tun?
Aber wir hatten eine Schulleitung und eine Elternschaft an unserer Seite und schon bald die Zuversicht, dass wir es schaffen würden, so weiterzumachen, dass wir die Prinzipien unseres beruflichen Ethos bewahren und erfüllen sollten.
An dieser Stelle muss ich einfach eine Lobhudelei einbringen. Diese gilt unseren IT-Ansprechpartnern Herrn Engel und Herrn Hölger. Beide Väter von Kleinkindern, deren Hauptaufenthaltsort ab diesem Freitag, dem 13. März, genauso wie für ihre Eltern das familiäre Heim anstelle des Kindergartens bedeutete, haben uns in unserer Arbeit mit dem – wie durch eine glückliche Fügung bereits eingeführten – Programm Teams getragen. Sie waren unserer unglaublich starken Schulleitung ebenbürtig in der Art, wie sie als Ansprechpartner unentwegt erreichbar waren – für uns Lehrkräfte sowie für die Schülerschaft. Es waren die Verlässlichkeit, die Nachsicht in technisch schwachen Momenten und vor allem die inhaltliche als auch die Kompetenz in Sachen Vermittlung, die uns dahin gebracht haben, wo wir ankamen.
Faszinierend war sie, die Kommunikation mit den Heranwachsenden. Natürlich kann man den Kindern und Jugendlichen keine Medienferne absprechen. Aber die Kompetenz, die sich innerhalb weniger Tage in Bezug auf ein digitales Lernen (online geschult wiederum durch die oben Genannten) entwickelte, war beeindruckend. Sichtbar wurde dies zum Beispiel im Rahmen der Videokonferenzen mit den Klassen 5 und 6. Zaghaftes und ratloses Verhalten vor dem Bildschirm wurde schnell abgelöst von einem souveränen Einschalten, Abgeben auch von schriftlichen Kommentaren über den Chat sowie der Vermittlung des Gefühls, die Beziehung zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen aufrechterhalten zu können. Vielleicht kam der jetzigen Generation zugute, dass die Kommunikationsformen sich schon lange verändert haben!?
Für uns Lehrer wiederum die Frage: Was können wir tun, um einerseits weiterhin und angemessen Wissen zu vermitteln und andererseits die Beziehungsarbeit, die unser Internatsleben so glückbringend prägt, zu erhalten? Es war und ist uns nicht einerlei, wem es gut und wem – aus welchen Gründen auch immer – weniger gut ging und geht…
Systemrelevanz. Ein ganz neues Wort. Und zwei sich einstellende Gefühle. Ich persönlich empfand Erleichterung, denn das eigene Kleinkind durfte den Kindergarten wieder besuchen, während ich mich noch besser auf das neue Unterrichten konzentrieren konnte. Spürbar wurde jedoch vor allem die Relevanz, nämlich in Form von Bedeutung und Verantwortung – einer Verantwortung, die in Anbetracht der Erfahrungen der Beschulung meiner eigenen Kinder durch öffentliche Schulen nicht so durchweg nachvollziehbar verlief.
Dieses Verantwortungsgefühl, das wir auch vorher schon innehatten, es wurde bewusster. Und die Sehnsucht nach dem persönlichen Kontakt, sie wurde stärker. Ja, natürlich, einige Schülerinnen und Schüler haben in der Zeit des Online-Unterrichts gezeigt, wie gut sie sich selbst organisieren und zu wunderbaren Ergebnissen motivieren konnten. Aber andere wiederum verschwanden auch… Das fühlte sich nicht richtig an.
Umso schöner und einfach schön war es zu erfahren, dass das Internat seine Pforten schon so bald nach den Osterferien wieder öffnen durfte!
Der Schulbetrieb ab Mai war ein besonderer, aber er war es nicht nur aufgrund der Hygiene- und Verhaltensregeln. Lehrkräfte und Schülerschaft haben sich aufeinander gefreut, der Unterricht war ein Halt an Normalität und sehr erquicklich. Glücklicherweise ist niemand an dem elenden Virus erkrankt, so dass wir auch unsere Sorgen zumindest zeitweise vor den Türen der neu eingerichteten Unterrichtsräume lassen konnten. Die Schülerinnen und Schüler haben gezeigt, dass sie froh sind, bei uns sein und Unterricht haben zu dürfen. Sie haben profitiert und uns damit große Freude bereitet.
All diese Erfahrungen sind einerseits neu, andererseits haben sie jedoch etwas offensichtlich gemacht, wovon wir alle – Erwachsene wie Heranwachsende – im Internat Lucius beständig zehren. Hier herrscht ein Gemeinschaftsgefühl, das seinesgleichen sucht. Wir haben gemeinsam diese von Ungewissheit gezeichnete Situation angenommen – Eltern, Kinder, Erzieher*innen und Lehrer*innen. In Dankbarkeit, voller Gefühl und mit großem Engagement. Und so wird es auch weitergehen. Da sind wir uns sicher.