Unterricht digital – die tablet AG
Von Dr. Strauß
„Was soll ich da? Ich kann schon alles!“ Dies ist der meist-gesprochene Satz, der auf meine „Einladung“ zur tablet AG, im Schuljahr 2019/20 erstmals ins Leben gerufen, folgte. Einladung bedeutete in diesem Fall jedoch wohl eher Verpflichtung. Wer sein tablet (ab Klasse 10) im Unterricht verwenden wollte, musste zunächst zwingend die tablet AG am Montag Abend besuchen und von zehn gestellten Aufgaben mindestens sechs erfolgreich bearbeiten. Nur dann erhielten die Teilnehmer auch ein umfangreiches Zertifikat, in dem genau beschrieben und bewertet wird, wie gut denn nun wirklich ihr Umgang mit dem technischen Gerät war. Die erste Selbsteinschätzung „ich kann bereits alles“, von mir oft belächelt, hat sich in Wirklichkeit bis auf wenige Ausnahmen als falsch erwiesen. Ist es wirklich das Ziel, das tablet als bessere Schreibmaschine zu verwenden? Ich finde nein, denn von dieser Generation Schüler wird definitiv zukünftig mehr verlangt. Was von so manchem auf den ersten Blick als „Spielerei“ abgetan wurde, ist längst keine mehr. Digitale Kompetenz (und das wussten wir schon VOR dem Corona-lockdown) wird heute vorausgesetzt. Damit ist aber nicht gemeint „ich google mal schnell…“ und auch nicht „ich habe 314 Apps auf meinem tablet…“ erst recht nicht „ich nehme zum Schreiben immer die App da mit dem Stift!“ oder „ich nutze das vor allem für Netflix…!“.
Wo speicherst Du denn Deine Daten sinnvollerweise ab? Welche Vokabel-App ist für Deinen Lernstil passend? Was können die Microsoft Office 365 Apps alles leisten? Wie geht das, wenn ich das dem Lehrer schicken will? Wie gestalte ich meine (online-)Hefte? Es gibt so viele wichtige Details im Umgang mit einem tablet im Unterricht, dass mir die Themen so schnell nicht ausgehen werden. Und dabei zeigt sich wie immer: wir benötigen für den Umgang mit tablets im Unterricht klare Regeln. Zocken, kritzeln und Musik hören sind NICHT die primären Lernziele und müssen unterbunden werden. Aber wie? Im schlimmsten Falle droht der Nutzungs-Ausschluss. Tatsächlich kam es im laufenden Schuljahr nur einmal dazu, aber es gab viele Warnungen. Das interessante fact daran: diese betrafen überwiegend SchülerInnen der Q1/2. Sollte man nicht denken, dass gerade diese die Nutzung in vollem Umfang als Privileg zur Abi-Vorbereitung empfinden? Aber gerade sie sind immer mal wieder aus dem Rahmen gefallen und haben sich auf unterschiedlichste Weise aus dem Unterrichtsgeschehen abgelenkt, das ist schon erstaunlich! Aber auch wenn doch manche ihr Potenzial nicht ausnutzten, die Chancen verstreichen ließen, sich ein Zertifikat zu erarbeiten (Zitat: was soll ich denn damit? Das brauche ich nie mehr! Viel zu stressig!) gab es auch einige Schüler, die enorm viel gelernt und die zusätzliche Arbeit ertragen haben. Einige von ihnen können zukünftig in die Betreuung der jüngeren Schüler eingebunden werden, denn sie haben beeindruckend gezeigt, wie gut sie inzwischen mit ihrem tablet umgehen können. Auch Ideen und Anregungen wurden beigesteuert, Hilfestellungen wurden bereitwillig gegeben und das war mitunter ein schönes Miteinander, wenn der ein oder andere z.B. an OneNote beinahe verzweifelt wäre.
An dieser Stelle möchte ich es auf keinen Fall versäumen, mein gebetsmühlenartiges Loblied auf diese neuartige Microsoft-App zu singen. Tablet AG-Schüler können mein “OneNote – das ist die Zukunft“ bereits mitsingen, denn wie jede der Apps im 365 tool (welches uns übrigens die Corona-Zeit sehr erleichtert hat) ist diese App eine eierlegende Wollmilchsau. Richtig eingesetzt ist sie eine enorme Erleichterung fürs zukünftige Unterrichtsgeschehen, aber leider auch nicht völlig selbsterklärend. Na gut, ich bremse mich an dieser Stelle, obwohl ich (wie die Schüler wissen) hiermit Stund´ um Stund´ füllen könnte.
Wohin geht die Reise in der tablet AG? Neben dem eigentlichen Umgang mit dem tablet im Unterricht sollte die Offenheit für neue Apps sowie ein höheres Interesse daran, zu erfahren, wie man sich das Leben digital erleichtert, im Mittelpunkt stehen. Das ist nicht mehr optional für unsere Schüler, das ist gesetzt (und nach den aktuellen Entwicklungen mehr denn je).
Der lockdown hat die tablet AG schlimm gebeutelt. Gerade als die Schüler der Klasse 9 eingestiegen sind (hochmotiviert und diszipliniert übrigens, wie ich an dieser Stelle lobend erwähnen möchte), gab es den vollen Stopp der laufenden Arbeiten in der tablet AG. Weder die advanced, noch die beginner konnten nun, den Umständen geschuldet, weiter ihre digitalen Aufgaben auf dem Weg zum Zertifikat bearbeiten und das war unendlich schade. Fast täglich werde ich von Schülern gefragt, wann und wie es denn nun mit der AG weitergeht, obwohl sie von nicht wenigen als Zwang empfunden wird („Ungerecht, dass wir da hingehen müssen!“). Aber natürlich hoffe ich an dieser Stelle, dass wir die AG baldmöglichst wieder zum Leben erwecken dürfen und wir durch ihre Weiterentwicklung beides schaffen: Kontrolle einerseits und eigenverantwortliches kreatives Lernen andererseits. Auch wenn das „Projekt tablet AG“ mir viel abverlangt hat und nicht immer auf Gegenliebe stößt, hat es mir Freude gemacht, die AG zu konzeptionieren und ich habe mit den fähigsten unter Euch Schülern sehr viel gelernt, dafür ein herzliches Dankeschön von meiner Seite.