Natur pur – 10er Erdkunde-Kurs des Institut Lucius verbringt erlebnisreiche Woche in Schwedens „Wildnis“
Die letzte Woche im Juni verbrachte der fünfköpfige Erdkunde-Kurs von Herrn Sawalies nicht wie gewohnt im komfortablen Internat im heimischen Echzell, sondern die Schülerinnen und Schüler tauschten den Klassenraum temporär gegen lehr- und ereignisreiche Tage in der südschwedischen Natur ein.
Am Freitag, dem 24.07.2016, machte sich die insgesamt siebenköpfige Lucius-Delegation (Louisa, Isabell, Julius, Sebastian, Lauritz, Herr Sawalies und Herr Senftinger) mit dem schuleigenen Mercedes-Sprinter auf den Weg in den Norden. Dabei sollte es nicht direkt ins Land der drei Kronen gehen, zunächst steuerte der Bus die Nordseeinsel Sylt an, auf welcher die Gruppe mit den frisch gebackenen Abiturienten Tobias, Max und Leonard komplettiert werden sollte. Nach einigen Stunden Fahrt und einer Begegnung mit Hamburgs Regierendem Bürgermeister Olaf Scholz auf einer norddeutschen Raststätte traf die Gruppe am frühen Abend auf Sylt ein und bezog das Quartier. Weil die Weiterreise nach Schweden am nächsten Morgen früh in Angriff genommen werden sollte, wurde der Abend relativ früh ausklingen gelassen. Nach einem ordentlichen Frühstück verhinderte dann leider der riesige Andrang vor der Sylter Autofähre die planmäßige Abreise von der Insel. Dies führte dazu, dass wir nach einigen weiteren Stunden Fahrt erst gegen Samstagabend unsere schwedische „Basisstation“, den Campingplatz „Nordländer“, im südschwedischen Åby erreichten.
Rasch waren die Zelte aufgebaut und das erste Mal das bescheidene Abendmahl (Nudeln pur oder wahlweise mit Ketchup) auf offener Flamme zubereitet.
Die restliche Zeit des Abends nutzten einige noch für eine Schwimmrunde im angrenzenden Helgasjön. Auch die mitgebrachten Angelruten wurden sofort getestet und tatsächlich wurde bereits am ersten Abend das schuppige Wappentier der Schule, ein Hecht (lat. Esox lucius), gefangen.
Am nächsten Morgen startete dann endlich die eigentliche Tour in die „Wildnis“. Nachdem die Kanus und das Equipment empfangen und Selbiges auf den Kanus verstaut worden war, wurden die Zweier-Boote zu Wasser gelassen und die erste Tagesetappe in Angriff genommen. Relativ schnell wurde deutlich, dass die mehrtägige Kanufahrt nicht jedem nur Vergnügen bereiten, sondern auch einige der Schülerinnen und Schüler an den Rande der körperlichen Belastungsgrenze bringen würde. Doch dieses Erfahren eigener Grenzen war durchaus ein wichtiges Ziel dieser Reise.
Nach rund zweistündiger Fahrt durch wunderschöne schwedische Seen in der Provinz Småland, in der die schwedische Autorin Astrid Lindgren aufwuchs und auch ihre Heldinnen und Helden aus Bullerbü und Lönneberga ihre Abenteuer erleben ließ, hatten wir unser erstes Etappenziel erreicht. Nach dem Aufbau der Zelte und dem Entfachen des Lagerfeuers verbrachten wir den weiteren Tag mit schwimmen, kleineren Kanu-Touren und fischen im See. Die dort gefangenen Hechte dienten zur Aufwertung unserer kärglichen Verpflegung, die in der Regel entweder aus Reis oder Nudeln bestand.
Nachdem in der ersten Nacht ein Zelt den Nachweis seiner Dichtigkeit schuldig geblieben war und sich die darin schlafenden Schülerinnen etwas erkältet hatten, entschieden wir, auch die folgende Nacht an diesem wirklich wunderschönen Ort zu verbringen, um frische Kräfte zu tanken.
Umso größer sollte die Tagesetappe am folgenden Tag werden. Nachdem mehrere Seen durchfahren und das dazwischen liegende Land mitsamt der Kanus zu Fuß durchquert worden war, suchten wir am Ufer des größten Klarsees Südschwedens, des Skärlen, einen geeigneten Platz für die Nacht.
Die Suche gestaltete sich relativ schwierig und bei dem ein oder anderen ließen merklich die Kräfte und die Motivation nach. Doch letztlich wurden wir fündig und verbrachten die Nacht an einem wildromantischen Ufer, welches aufgrund seiner geheimnisvollen Ausstrahlung und Lage von uns den Namen „spooky place“ verliehen bekam. Dort genossen wir auch den kulinarischen Höhepunkt der Reise: Der wie üblich gekochte Reis wurde mit klein geschnittenen Salami-Stücken verfeinert. Welch ein Genuss für Körper und Seele nach zwei Tagen „Wildnis“.
„Wir haben gesehen, wie gut es uns eigentlich geht“
Vor dem Aufbruch am nächsten Morgen machten sich einige Teilnehmer noch auf die Jagd nach Flusskrebsen, die dann frisch gekocht das Frühstück (Porridge) ergänzten. Hier zeigte sich schnell, dass der ein oder andere seine Krebsfangtechnik in Zukunft noch ausbauen muss, um in der Wildnis überleben zu können. 😉
Das stärkende Frühstück wurde an diesem Tag (Mittwoch) auch dringend benötigt. Es stand nämlich die Durchquerung des Örken, der sich traditionell durch viel Wind und daraus resultierenden schwierigen Wasserverhältnissen auszeichnet, an. Der See hielt auch tatsächlich, was der erfahrene und routinierte Südschweden-Kenner Herr Sawalies versprochen hatte. Starker, durch den Wind bedingter Wellengang forderte den Kanu-Besatzungen alles ab und sorgte für erschöpfte, aber zufriedene Örken-Bezwinger am Abend.
Leider verschlechterte sich im Laufe des Nachmittags das bis dato gute Wetter zusehends, sodass die letzte Etappe zurück zum „Basiscamp“ teilweise im Regen zurückgelegt werden musste.
Nach einer letzten Übernachtung in Schweden, bei der die Reste der über die Woche streng rationierten Verpflegung genossen wurden, reisten wir freitags gegen Mittag nach Rückgabe unserer geliehenen Ausrüstung wieder in Richtung Deutschland ab.
Aufgrund diverser Staus und Verpflegungspausen in bekannten amerikanischen Schnellrestaurants, in welchen die unter der Woche verlorenen Kalorien mehr als kompensiert wurden, erreichte die Gruppe erst in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder die Schule in Echzell.
So neigte sich eine intensive und lehrreiche Woche ohne Komfort, technische Geräte (kein Handy!) oder sonstigen Luxus dem Ende entgegen. Eigene physische und psychische Grenzen wahrnehmen und überwinden, Verzicht und Genügsamkeit, Rücksichtnahme und Teamgeist, sich aufeinander verlassen müssen und können, dies alles waren Erfahrungen, die die Schülerinnen und Schüler in dieser aufregenden Woche sammeln durften und die einem noch einmal deutlich vor Augen führten, wie gut es uns allen in unserem täglichen Leben eigentlich geht.
Tim Senftinger