Allmächtiges Teams
Von Lucas Engel
Bereits seit einigen Jahren verfügt das Internat Lucius über Lizenzen für Microsoft Office365. Diese wurden aber zunächst nur sporadisch seitens der Lehrkräfte und der Schülerschaft genutzt, um über die „klassischen“ Programme Word, Excel und PowerPoint zu verfügen.
Im März 2019 wurde der Digitalpakt Schule, von dem auch Schulen in privater Trägerschaft profitieren sollen, endgültig beschlossen. Voraussetzung für die Bewilligung von Fördermitteln ist ein schuleigenes Medienkonzept, mit dessen Entwicklung Herr Hölger und ich fortan betraut waren. Teil des Entwicklungsprozesses war auch, geeignete Softwarelösungen für eine Bereicherung des Unterrichts mit Digitalen Medien zu finden. Bei der dazu durchgeführten Soll-Ist-Analyse ist uns klar geworden, dass wir eigentlich noch gar nicht so genau wussten, was uns die bereits vorhandenen Office365-Lizenzen schon alles bieten. Es sollte sich bald herausstellen, dass sich hiermit schon sehr viele Varianten der interaktiven Zusammenarbeit im Unterricht, so wie wir sie uns vorstellten, realisieren lassen. Besonders ein Programm fanden wir für unsere Zwecke außerordentlich spannend: Teams.
Microsoft Teams wurde 2017 mit dem Zweck veröffentlicht, die Kommunikation innerhalb größerer Unternehmen zu vereinfachen und langfristig Skype for Business zu ersetzen. Es handelt sich um ein überaus mächtiges Programm, welches Schriftverkehr, Videokonferenzen, Termin- und Raumverwaltung, Dateiablage und viele weitere Tools für produktives Arbeiten in Konzernen vereint. Neben der Variante Teams for Business wurde auch Teams for Education entwickelt, welche zusätzlich die Möglichkeit bietet, Lerngruppen Aufgaben zuzuweisen und zu bewerten. Hier versucht Microsoft offenbar, eine zukünftige Zielgruppe frühzeitig von ihrem Produkt zu überzeugen, vermutlich mit Erfolg.
Obwohl wir das Programm noch nicht in alle seinen Facetten durchdringen konnten, waren Herr Hölger und ich uns schnell einig, dass Teams das Pferd sein sollte, auf das wir von nun an setzen wollten. Auch Frau Lucius war von dieser Idee sehr angetan. Der nächste Schritt musste also sein, uns und das übrige Kollegium auf das Programm zu schulen. Die entsprechende Schulung fand im August 2019 in der Vorbereitung auf das kommende Schuljahr im Saal des Wiesenhauses statt. Dort saßen an diesem Tag ca. 40 Personen vor aufgeklappten Laptops und lauschten, mal mehr und mal weniger gespannt, den Ausführungen unseres Dozenten, der uns die wesentlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Office365 präsentierte. Fachlich ließ diese Fortbildung einige Wünsche offen. Zum Beispiel konnte eine Einführung in das Aufgabenmodul von Teams nicht erfolgen, weil der Dozent eher auf Teams for Business spezialisiert war. Das war aus damaliger Sicht schade, aber auch nicht sehr schlimm, denn das Aufgabenmodul würde bei uns ja wohl doch eher selten zum Einsatz kommen, dachten wir.
Trotzdem hatte die Fortbildung ihren wichtigsten Zweck erfüllt: Jede Lehrkraft und alle pädagogischen Mitarbeiter hatten die Programme nun schon einmal grundlegend verwendet. Jeder hatte nun einen Account und war schon einmal angemeldet. Jeder hatte schon einmal ein bisschen was ausprobiert. Damit war die erste Berührungsangst, also die höchste Hürde zur Nutzung neuer Methoden, genommen. Wie wertvoll diese Fortbildung tatsächlich sein sollte, wurde aber erst im Frühjahr 2020 deutlich.
Nach der Fortbildung folgte die Testphase, in der Lehrkräfte selbständig die Funktionalitäten von Teams erkunden konnten. Zum Schuljahr 2020/21 sollte die Nutzung dann verbindlich werden. Die Testphase endete abrupt am 16. März 2020. In einer weiteren Fortbildung, die Herr Hölger und ich selbst durchführten, wurden die Lehrkräfte darauf geschult, Schülerinnen und Schüler ab Klasse 9 während der Schulschließung mit Aufgaben zu versorgen. Als klar wurde, dass die Schließung über die Osterferien hinweg andauern sollte, erfolgte zum Abschluss der Ferien eine weitere interne Schulung der Lehrkräfte mit dem Schwerpunkt „Onlineunterricht per Videokonferenz“. In diesem Rahmen wurden nun auch Schülerinnen und Schüler umfassend durch Herrn Haas, Herrn Hölger und mich in der Nutzung von Teams geschult. Darüber hinaus wurde Teams in dieser Zeit sehr stark weiterentwickelt, sodass immer wieder kleine Nachschulungen erfolgen mussten.
Letztlich kann man festhalten, dass hier in einem Zeitraum von zwei bis drei Monaten eine umfassende interne Fortbildungsreihe des kompletten Kollegiums zur Nutzung digitaler Unterrichtsmethoden stattgefunden hat, die unter normalen Umständen langwierig und auch teuer geworden wäre. Viele Lehrkräfte haben sicher nicht erwartet, dass sie einmal in diesem Ausmaß auf Digitale Medien für ihre Unterrichtsgestaltung zurückgreifen würden. Dass sich ausnahmslos alle darauf eingelassen und damit ein hohes Maß an Bereitschaft zur Weiterbildung sowie Offenheit für Neues gezeigt haben, verdient aus meiner Sicht höchsten Respekt und ist, gerade mit Blick auf manch andere Schule, keineswegs selbstverständlich.
Hoffentlich wird das Teams-Aufgabenmodul und auch die Videokonferenz-Funktion im kommenden Schuljahr für uns alle wieder stark an Bedeutung verlieren. Dennoch werden wir das Programm von nun an verstärkt für die interne Kommunikation, also auch zwischen Lehrkräften und Schülerschaft, nutzen.
Rückblickend war es ein glücklicher Umstand, Teams im Vorfeld für uns zu entdecken und grundlegend kennenzulernen. Es stellte sich als ideales Programm für die Zeit der Schulschließung heraus und hat es uns meines Erachtens ermöglicht, im Laufe der Wochen einen qualitativ hochwertigen Online-Unterricht anzubieten. Dass diese Form von Unterricht den Präsenzunterricht vor Ort nicht annähernd ersetzen kann, sollte nach den Erfahrungen der letzten Monate wirklich für alle außer Frage stehen.
Nachtrag für Verschwörungstheoretiker: Da ja Bill Gates die Corona-Pandemie offenbar von langer Hand aus Profitgier geplant hat, ist es auch nur konsequent, dass seine (ehemalige) Firma ein Produkt entwickelt, das genau in dieser Phase seine größte Nachfrage entwickelt. Passt ins Bild. Nicht so gut passt allerdings, dass die Microsoft-Server ab Mitte März schlagartig so überlastet waren, dass die Übertragungsqualität bei Videokonferenzen zunächst heruntergesetzt werden musste. Zudem mussten einige Funktionen abgeschaltet werden, um der Datenlast Herr zu werden. Die Weiterentwicklung der „Klassiker“ Word, Excel, PowerPoint etc. wurde fortan der konsequenten Weiterentwicklung von Teams und allen damit verbundenen Funktionen untergeordnet. Schließlich waren solch nützliche Funktionen wie Hand heben, Hintergrundeinstellungen oder die Anzeige von mehr als vier Video-Teilnehmern gleichzeitig anfangs noch nicht implementiert. Da war die Konkurrenz teilweise schon um einiges Weiter. Letztlich wirkte Microsoft nicht sehr gut vorbereitet auf die Situation. Aber auch dafür gibt es sicherlich eine ganz schlüssige Erklärung.