Was hat Spanischunterricht mit Wasser zu tun?
Spanischunterricht bedeutet für die meisten, dass sie die spanische Sprache erlernen, um sich im Urlaub auf Spanisch verständigen zu können. Man verbindet mit „Spanisch“ automatisch Sonne, Strand und Fiesta.
Und dann kommt der Unterricht: Vokabeln lernen, unregelmäßige Verben pauken, die Aussprache üben, auf Akzente und die Stellung des Verbes im Fragesatz achten und zu guter letzt auch noch die umgedrehten Fragezeichen zu Beginn einer Frage bedenken. Ziemlich viele Aspekte, die sich um die Sprache als Form drehen. Hinzu kommt noch die Ausbildung sogenannter Kompetenzen: Leseverstehen, Hörverstehen, Sprechen, Schreiben und Sprachmittlung. All das kommt den meisten Schülerinnen und Schülern gerade bekannt vor, denn er oder sie wollen die spanische Sprache ja umfassend anwenden können.
Spanischunterricht ist aber noch viel mehr: Neben der Form geht es auch um Inhalte. „Spanisch“ ist mehr als nur Sonne, Strand und Fiesta in Andalusien. Es beginnt damit, dass Spanisch nicht nur in Spanien gesprochen wird, sondern auch in Lateinamerika, beispielsweise in Panama oder Honduras, auf den Philippinen und sogar in Äquatorialguinea in Afrika. So steht Spanisch an dritter Stelle der meistgesprochenen Sprachen, gleich hinter Englisch und Mandarin (Chinesisch).
Hinter diesen Fakten steckt jedoch eine große Anzahl verschiedener Kulturen und geschichtlicher Entwicklungen. In Spanien hat sich die spanische Sprache aus dem Latein entwickelt, das im ganzen römischen Reich gesprochen wurde. In Lateinamerika hingegen spricht man erst Spanisch seit der Eroberung 1492 durch Christoph Kolumbus. Vor der Eroberung durch die Spanier gab es unzählige indigene Sprachen, von denen heute leider sehr viele nicht mehr gesprochen werden. Die bekannteste heute noch gesprochene indigene Sprache ist Quechua, die Sprache der Incas, das u.a. in Bolivien neben Spanisch sogar Amtssprache ist. Bolivien ist generell ein interessantes Land: So war es das erste Land in Lateinamerika, das einen indigenen Präsidenten gewählt hat: Evo Morales. Er hat zu allen offiziellen Anlässen nicht etwa einen Anzug getragen, wie wir es von den meisten Staatsoberhäuptern erwarten würden, sondern seine landestypische Lederjacke, um seine Herkunft zu betonen.
Bolivien hat jedoch auch negative Schlagzeilen geschrieben: Im Jahr 2000 brach in Cochabamba, der viertgrößten Stadt Boliviens, ein Krieg um die Wasserversorgung aus, la Guerra de Agua. Südlich des Stadtzentrums, in Mineros, gab es bis dato noch keine Wasserleitungen, und die Regierung versprach sich von einer Privatisierung des Wassers eine Verbesserung der Infrastruktur durch ausländische Privatinvestoren. Deren Maßnahmen stießen jedoch auf Widerstand durch die Landbevölkerung, sodass die Privatisierung nach dem „Wasserkrieg“ zurückgezogen wurde. Mineros wurde dann durch Tanklastwagen mit Wasser versorgt, dessen Qualität grenzwertig bis katastrophal und dessen Preis deutlich höher war als der des Wassers aus den Wasserleitungen.
Nach weiteren Unruhen im Land und der Wahl Evo Morales‘ zum Präsidenten wurde im Jahr 2009 eine neue Verfassung für Bolivien verabschiedet, in der Wasser und die Versorgung der Bürger mit Wasser als Grundrecht festgeschrieben wurden. Das war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, jedoch liegt noch ein Stück Weg vor den Bolivianern, um zu einer guten und gerechten Wasserversorgung zu gelangen.
Das also hat Spanischunterricht mit Wasser zu tun: Wir lernen noch weit mehr, als nur spanisch zu sprechen. Wir entdecken neue Kulturen wie etwa die der Incas, erfahren ihre Geschichte und lernen ihr Land kennen. Und genau das macht Spanischunterricht aus.