„Das Feuer brennt!“
Portrait Luise Schüssler
Vermutlich jedem, der etwas näher mit unserem Internat zu tun hat, wird bekannt sein, dass die Leitung des Unternehmens fest in Familienhänden ruht. Vera Kissner, Laura Lucius und Luise Schüssler geb. Lucius steuern das „Schiff“ mit Weitsicht und Entschlossenheit auch durch stürmische Zeiten – Corona lässt grüßen. Dabei ist die Jüngste des Dreigestirns am längsten ununterbrochen an Bord. Luise Schüssler, selbst Alumna unseres Hauses, sorgt bereits seit Mitte der 1990er Jahre dafür, dass „der Laden läuft“.
Im Forsthaus aufgewachsen hat Frau Schüssler das Internatsleben quasi mit der Muttermilch aufgesogen: „Für mich war das Zusammenleben mit Schülern unter einem Dach von klein auf völlig normal: „Als Kinder, hat uns unsere Mutter immer abends im Schlafanzug mit in den Esssaal genommen, wo wir gemeinsam mit den Schülern (Anmerkung der Redaktion: Zu der Zeit war „das Lucius“ eine reine Jungenschule) zu Abend aßen. Auf dem Schulhof haben die älteren Jungs dann oft mit mir Ball gespielt oder mich beim Schaukeln angeschubst. Das hat Spaß gemacht, ich habe das Aufwachsen hier im Forsthaus geliebt.“ Nach einem kurzen Abstecher auf die Lioba in Bad Nauheim „checkte“ Frau Schüssler dann in der achten Klasse selbst als Schülerin im mittlerweile koedukativen Institut Lucius ein und übernahm schnell auch schon Verantwortung. „Meine beste Freundin Minka, mit der ich sechs Jahre ein Zimmer geteilt habe, und ich waren die einzigen aus der Abschlussklasse, die nicht in die Burg gewechselt sind. Als ehemalige Präfekten haben wir Frau Tobias, damals die einzige Erzieherin hier im Forsthaus, unterstützt.“
Nach dem erfolgreichen Abitur folgte dann eine Ausbildung in der Hotel- und Gastronomiebranche – eine Leidenschaft, die bis heute lebendig ist und perfekt zum Aufgabengebiet Frau Schüsslers passt. Als Leiterin der Hauswirtschaft und des Controllings kommen der leidenschaftlichen Gastgeberin ihre von der Pike auf gelernten Kenntnisse heute täglich zugute. Während der Ausbildung im Frankfurter Hof schnupperte sie in jeden Bereich hinein, hatte sogar die Möglichkeit in Frankreich und in Bayern mehrmonatige Erfahrungen zu sammeln und am Ende noch eine Ausbildung zur Ausbilderin bei der IHK abschließen zu können. „Die Zeit im Steigenberger war prima, ich habe viele Freunde dort kennengelernt und vor allem gemerkt, dass ich gerne und viel arbeite und sehr belastbar bin – die Arbeitszeiten in der Gastronomiebranche sind ja für manche etwas gewöhnungsbedürftig.“
Nach ihrer Ausbildung im Steigenberger Hotel Frankfurter Hof folgte der Wechsel zur Höchst-AG, wo sich Frau Schüssler im Bolongaropalast in Höchst in verantwortlicher Position um die Verköstigung und die Events der Vorstandsetage der Höchst-AG kümmerte.
Doch schon bald hieß es „back tot he roots“. Im Schuljahr 1994/95 erreichte sie das Angebot ihrer Tante Irene Kissner, die zu der Zeit die Hauswirtschaft im Forsthaus und in der Burg verantwortete, in das Familienunternehmen zurückzukehren. „Das war für mich damals eigentlich keine Frage. Mir hat die Arbeit in der Hotel- und Veranstaltungsbranche super viel Spaß gemacht, aber nun konnte ich meine Energie und Power in unser Eigenes stecken. Unser Institut mit seiner ganzen Geschichte liegt mir so am Herzen, da habe ich mit voller Überzeugung zugesagt.“
Gleich zum Start musste Frau Schüssler die neuralgische Position des Küchenchefs neu besetzen. Entgegen der Ratschläge, die weiblich dominierte Küche nicht durch einen männlichen Chef in Aufregung zu versetzen, brachte sie jedoch ihren guten Freund und ehemaligen Arbeitskollegen Andreas „Rupfi“ Rupf mit und bereute diese Entscheidung keine Sekunde. „Die Zeit unserer Zusammenarbeit im Forsthaus ist für uns beide unvergesslich. Wir hatten sehr viel Spaß und gerade in meiner Anfangszeit war es großartig, einen Vertrauten von meinem Ausbildungsbetrieb dabeizuhaben. In den sechs Jahren, in denen „Rupfi“ hier war, ehe er Geschäftsführer im Gemalten Haus in Frankfurt wurde, hat es bestens funktioniert und unsere Damen aus der Küche schwärmen bis heute, was sie damals alles gelernt haben.“
Bis heute sind wir enge Freunde geblieben, und Rupfi selbst sieht sich als „Lucianer“, ein Ehemaliger, der – einmal da gewesen – für immer am Forsthaus hängt.
In den frühen 2000er Jahren kündigte sich dann langsam ein endgültiger Generationenwechsel auf der Kommandobrücke des Institut Lucius an. In den Jahren 2004 bis 2007 wurde dann die neue Führungsriege um Vera Kissner, Laura Lucius und Luise Schüssler als neue Geschäftsführerinnen eingearbeitet und installiert. „Das war schon eine aufregende Zeit. Ich hatte ja damals kleine Kinder und habe eigentlich keinen Mutterschutz oder Elternzeit gemacht. Manchmal hatte ich die Kinder dabei, manchmal bin ich zum Stillen zur Tagesmutter ins Nachbardorf gefahren.“
An ihrer jetzigen Tätigkeit liebt Frau Schüssler vor allem die Abwechslung und das Gefühl, für das Haus zu sorgen. Dabei ist sowohl der Erhalt von Haus und Hof als auch das sich kümmern um alle Menschen und die Planung und Durchführung von Veranstaltungen inkludiert.
Mit Blick auf die vergangenen Monate spricht sie von einer schwierigen Zeit:“ Die Corona-Pandemie mit ihren direkten Auswirkungen auf unseren Betrieb war schon geprägt von großen Sorgen, die wir uns gemacht haben. Vor allem die Ungewissheit um die betriebswirtschaftlichen Folgen, die Sorge für die Mitarbeiter und generelle Unmöglichkeit des Planens waren qualvoll. Dennoch hatte ich nie Existenzangst. Unsere Schule hat schon so viel erlebt. Unsere Schule gibt es seit über 200 Jahren und unsere Vorgänger haben in den unterschiedlichen politischen Systemen so viele Herausforderungen gemeistert, dass ich überzeugt davon war und bin, dass wir an dieser Situation nicht zerbrechen werden!“
Dabei sieht sie vor allem die Zusammenarbeit und vor allem den familiären Zusammenhalt der drei Geschäftsführerinnen als wichtige Basis: „Wir drei halten immer zusammen. Natürlich gibt es auch mal Auseinandersetzungen oder Diskussionen, aber die gemeinsame Grundüberzeugung verbindet, das Feuer für unseren Familienbetrieb brennt bei uns allen dreien. Wir ergänzen uns perfekt und jeder liebt seinen Aufgabenbereich.“